Presse

 

 

Der gemeinnützige Verein Sektenausstieg-Esslingen leistet  Hilfe für Sektenanhänger und deren Angehörige beim Sektenausstieg, stellt Kontakte zu anderen Sektenaussteigern her und klärt die interessierte Öffentlichkeit über die Machenschaften von Sekten und religiösen Sondergemeinschaften auf.

Wer eine religiöse Sondergemeinschaft [Sekte] verlässt, hat in der Regel einige Hürden zu überwinden. Eine ist die Angst vor Einsamkeit, weil man Freunde, Verwandte und Bekannte zurücklässt. Eine andere Hürde ist der Verlust eines bisher unerschütterlich geglaubten Weltbildes. So mancher, der aus der Gemeinschaft ausgetreten ist oder von ihr exkommuniziert wurde, empfindet den Verlust des vertrauten Weltbildes derart schmerzlich und irritierend, dass er nach gewisser Zeit in die vertraute Umgebung zurückkehrt. Und das selbst dann, wenn dies für ihn einem “Bußgang nach Canossa” gleichkommt. Eine dritte Hürde ist die anerzogene Angst vor der “bösen Welt”, die den Aussteiger anfangs daran hindert, sein Leben selbst zu gestalten.

An dieser Stelle setzt Netzwerk Sektenausstieg e.V. an.

Mancher braucht zunächst Zuspruch, Ermutigung, einen echten Zuhörer. Andere benötigen ganz praktische Hilfe für die ersten Schritte nach dem Ausstieg. Wieder andere möchten einfach alles erstmal loswerden. Sie suchen den Kontakt zu “Leidensgenossen”, weil sie die Gewissheit brauchen, mit ihrem Problem nicht allein da zu stehen.

Was ist eine Sekte?

Der Begriff ist meist negativ besetzt. Gemäß Wikipedia stammt das Wort vom Lateinischen secta ["Richtung"], oder sequi, ["folgen"] ab.

Laut www.bayern-evangelisch.de “bezeichnet man [...] mit Sekte [heute] umgangssprachlich alle Gemeinschaften, die von der Gesellschaft als gefährlich, konfliktträchtig, sonderbar oder missliebig betrachtet werden. Im religions-wissenschaftlichen Sinn bezeichnet Sekte hingegen ganz allgemein eine religiöse Gemeinschaft, die mit den ur-sprünglichen Überlieferungen wesentliche eigene Wahrheits- und Offenbarungsquellen verbindet.”

Woran erkenne ich eine Sekte?

- Der Führer der Gruppierung lebt anders, als er predigt.

- Der Führer bindet die Anhänger fest an sich durch Versprechungen über “Ausgewähltheit” und spirituelle Ziele, die allein durch die Mitgliedschaft in der Gruppierung oder die Nähe zum Führer zu erreichen sind.

- Die Gruppierung weist keinerlei demokratische Strukturen auf und wird straff geführt.

- Die Gruppierung isoliert sich von anderen Menschen bzw. schaut auf sie herab oder verachtet sie (Elitedenken).

- Selbstverantwortung wird unterdrückt oder gar unterbunden, Gehorsam gegenüber der Führung gilt als “heilige” Tugend.

- Systematische Isolation der Anhänger von Freunden, Bekannten und Verwandten, die nicht der Gruppe angehören.

Angstmache, die Gruppe wieder zu verlassen, Androhung der schlimmsten Übel (Hölle, Tod und Verzweiflung) allein für solche Überlegungen.

- Permanente Manipulation.

- Bewusstseinskontrolle.

Sekten erscheinen attraktiv und haben offenbar für jedes Problem die passende Lösung. Sie machen das Leben scheinbar leichter und bieten oberflächlich betrachtet Orientierung in einer komplexen Welt. Vor allem aber erklären sie die Welt ganz einfach. Dadurch vermitteln sie dem Neuen ein wohliges Gefühl der Geborgenheit wie in einem Kokon.

In Wirklichkeit aber wollen sie den ganzen Menschen für sich. Sie fordern die totale Hingabe, sind arbeitsintensiv und beuten ihre Anhänger aus und zwar physisch, psychisch, materiell und mental.

Eine Sekte zu verlassen, ist eine der schwierigsten Entscheidungen. Es ist keine Kleinigkeit, “mal eben” das Weltbild zu wechseln oder eine Gemeinschaft zu verlassen, in der man aufgewachsen war. Oft wurden Aussteiger in solche Gruppen hineingeboren und hatten außerhalb wenig bis gar keine sozialen Kontakte. Daher fällt es anfangs schwer, sich ein komplett neues Umfeld aus Freunden und guten Bekannten aufzubauen.

Für den Aussteiger ist es deshalb geradezu lebenswichtig, wenigstens zu “Leidensgenossen” Kontakt zu finden. Bei ihnen kann er sich aufgehoben und verstanden fühlen, kann ihnen seinen Schmerz, seine Wut und seine beunruhigenden Gedanken mitteilen und weiß, er wird verstanden.

Auf www.sektenausstieg.net findet man in über 1.000 Artikeln umfangreiches Informationsmaterial zur Sektenproblematik ganz allgemein aber auch spezifische Informationen zur Neuapostolischen Kirche, den Mormonen (Kirche Jesu Christi der Heilgen der Letzten Tage) und den Zeugen Jehovas.

Besonders über die Zeugen Jehovas enthält die Dokumentation eine Fülle an “Insider”-Informationen, Original-Dokumenten, Briefen der Wachtturm-Gesellschaft, Abhandlungen über die Schriften der Wachtturm-Gesellschaft und vieles mehr.

Zu diesen eher theoretisch ausgerichteten Angeboten hilft Netzwerk Sektenausstieg e.V. auch ganz praktisch.

Dazu dienen die jährlich stattfindenden “Rohmann-Seminare”, in denen Aussteiger in einem Intensivkurs viele praktische Tipps für das tägliche Leben nach dem Ausstieg erhalten. Neue Sichtweisen werden schrittweise vorgestellt und in Gruppenübungen spielerisch erlernt. Dies alles geschieht unter der fachmännischen Begleitung und Betreuung durch Diplom-Psychologen Dieter Rohmann, der zu den wenigen Therapeuten gehört, die sich ganz gezielt mit der Sektenproblematik befasst haben. Er kennt die in den Sekten und Psychogruppen angewandten Manipulationstechniken und ist dadurch ganz besonders in der Lage, Sektenaussteigern eine auf ihre individuelle Problemsituation zugeschnittene Hilfe zu bieten. Dabei hat sich seine eigene 7-monatige Kulterfahrung bei den “Kindern Gottes” (1979/1980) als außerordentlich hilfreich erwiesen.

Außerdem organisiert der Verein anlässlich seiner gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Mitgliederversammlung ein so genanntes “infolink-Treffen”. Dabei hat sich gezeigt, dass die Teilnehmer vor allem reden wollen.

Besonders Aussteiger bei den Zeugen Jehovas scheinen sehr viel Gesprächsbedarf zu haben, vielleicht deshalb, weil die soziale Isolation nach dem Ausstieg oder dem Ausschluss bei ihnen eine der totalsten ist.

Kaum eine andere Glaubensgemeinschaft ächtet ihre ehemaligen Anhänger derart rigide, wie es die Zeugen Jehovas tun. Wird beispielsweise ein Angehöriger eines Aussteigers oder Ausgeschlossenen dabei “gesehen”, wie er mit diesem Kontakt pflegt, droht ihm selbst der Ausschluss mit den selben drastischen Konsequenzen.

Dazu schreibt die Wachtturm-Gesellschaft in dem Buch Bewahrt euch in Gottes Liebe (2008 veröffentlicht) unter der Überschrift “Wie man sich gegenüber Ausgeschlossenen verhalten sollte”, folgendes vor:

Ist es wirklich nötig, den Kontakt völlig abzubrechen? Ja, aus mehreren Gründen. Erstens beweisen wir so unsere Treue gegenüber Gott und seinem Wort [...]

Zweitens bleibt dadurch der Ruf der Versammlung geschützt sowie der Glaube und die moralische Reinheit von uns selbst […] Drittens kann unser entschlossenes Festhalten an biblischen Grundsätzen auch dem Ausgeschlossenen nutzen. Unterstützen wir die Entscheidung des Rechtskomitees, können wir im Herzen eines Ausgeschlossenen, der bis dahin auf die Hilfestellung der Ältesten nicht reagiert hat, vielleicht etwas bewegen. Durch den Verlust lieb gewordener Kontakte zu Freunden und zur Familie kommt er womöglich „zur Besinnung“, sieht den Ernst seines Fehlers ein und kehrt zu Jehova zurück.

[…]

In seltenen Fällen könnten es gewisse Familienangelegenheiten zwar erfordern, dass man mit dem Ausgeschlossenen begrenzt Kontakt hat, doch sollte dieser auf ein Minimum beschränkt werden. Wer Jehova treu sein möchte, sucht nicht nach Vorwänden für Kontakte mit einem ausgeschlossenen Verwandten, der eine eigene Wohnung hat. Aus Herzenstreue gegenüber Jehova und seiner Organisation wird er die biblische Regelung des Gemeinschaftsentzugs nicht unterlaufen […].”

Neben den jährlichen Treffen und Veranstaltungen finden immer wieder regionale Treffen statt, zu denen sich die Teilnehmer jeweils auf der Forumsplattform verabreden. Schließlich bietet der Verein auch telefonische Hilfestellungen und Beratung für Aussteiger sowie Angehörige, Freunde, Verwandte, Bekannte, sogar Arbeitgeber oder potentielle Lebensgefährten.

Solange es religiöse Sondergemeinschaften [Sekten] gibt, gibt es Aussteiger oder solche, die aus ihrer Gemeinde exkommuniziert wurden.

Deshalb kümmern sich kompetente Helfer seit vielen Jahren um solche “Gestrandeten”. Einige von ihnen tun dies mittlerweile seit mehr als drei Jahrzehnten.

Dabei sind die Probleme stets die selben:

Der Aussteiger ist zunächst hilflos, weil ihm die Neuorientierung nicht gelingen will. Viele ehemalige Sektenanhänger sind durch die Erlebnisse innerhalb der Gemeinschaft regelrecht traumatisiert und benötigen fachliche Hilfe von Psychologen oder Therapeuten.

Andere werden mit ihren verstörenden Gefühlen der Wut, Trauer, ihren Rachegedanken, möglicherweise auch Suizid-Phantasien alleine nicht fertig und müssen dringend ärztlich betreut werden. Schließlich gibt es die überwiegende Anzahl an Sektenaussteigern, die Hilfe bei der Neuschaffung eines sozialen Netzes brauchen, da ihres durch den Bruch mit der bisherigen Gemeinschaft zerriss.

Zu allen oben genannten Problemstellungen gibt es seit Jahrzehnten Anlaufstellen, an die sich Betroffene wenden können.